Wie Siri lernt das „Grüne“ zu lieben – Algorithmus im Bilderrausch

Zusammenfassung, veröffentlicht am 1. Dezember 2018

Ein visueller Forecast über die „grüne“ digitale Revolution, Bildung für nachhaltige Entwicklung mit digitalem Assistenten und die Verantwortung von Bildern und Inhalten.

Die Digitalisierung verändert die Vermittlung von Lerninhalten, unsere Lernorte und auch die Art und Weise, wie wir Bildung für nachhaltige Entwicklung organisieren. In Zukunft werden visuelle Narrative wichtige Impulse für lebenslanges Lernen geben.

Hey Siri – Hey! Wer bin Ich? Du bist Susanne. Meine Unterhaltung führe ich nicht mit einer Freundin – am anderen Ende spricht Siri. „Sie können auf unterschiedliche Art mit Siri kommunizieren“, so der Hersteller. Mein Smartphone spricht, aber es lacht nicht mit mir. Wir führen ein „Als-ob-Gespräch“. Dabei kann mich „richtiges Zuhören“ verändern. Ich kann etwas lernen.

Ob Siri, Alexa, Watson oder Pepper – das ist nicht die Hitliste der beliebtesten Vornamen, sondern die Herrschaften stehen heute für erfolgreiche Flaggschiffe der künstlichen Intelligenz.

Mit Hilfe von immer mehr Daten soll intelligente und besonders selbstlernende Software schon bald z. B. Bildungsakteure ersetzen?

Kurz – Können Siri und ihre Freunde die Welt retten?

Kleiner Test mit Siri


Wir müssen Siri noch reichlich füttern. Ich denke wir haben die Chance und Verantwortung, die Potentiale von BNE systematisch aufzubauen, durch Programmierung zu stärken und damit die Chance alle Menschen zu erreichen, die in digitalen Welten unterwegs sind. Eine vernetzte Kommunikation lebt durch Fragen. Nicht durch Antworten.

KI – Der Mensch als Maßstab für intelligentes Verhalten

Eine allgemeine Verortung

Der KI-Ansatz verfolgt das Ziel, menschliche Intelligenz nachzubilden oder gar zu übertreffen. Ein sehr simples Beispiel ist der Schachcomputer, der bereits 1914 von Leonardo Torres Quevedo entwickelt wurde.

Bereits 1999 gab es Menschen, die wussten, welche Veränderungen das Internet auslöst: die Verfasser des Cluetrain Manifests zeigen in 95 Thesen, was die „neue Welt“ zusammenhält. Sie wiesen den Weg der Zukunft, die auf die Beziehung der Menschen setzt.

Wir sind keine Zielgruppe oder Endnutzer oder Konsumenten. Wir sind Menschen – und unser Einfluss entzieht sich Eurem Zugriff. Kommt damit klar.

Cluetrain Manifest

KI – konkrete Anforderungen

Die konkreten Anforderungen von KI stehen im engen Kontext der Anforderungen an BNE.

„Ich bin ein Algorithmus – mein Programmierer hat diesen Code geschrieben um Nutzerverhalten vorzusehen und darauf zu reagieren. Meine Aufgabe ist es z. B. jeder Person zur richtigen Zeit das passende BNE-Angebot vorzuschlagen.“

Der Begriff „Filter Bubble“ wurde von Eli Pariser, einem US-amerikanischen Internetaktivisten, geprägt. Sie entsteht, da Internetseiten mithilfe von Algorithmen versuchen, Voraussagen über die jeweiligen Nutzer und ihre Interessen zu treffen. Das Prinzip kann man sich wie ein Kuchenrezept vorstellen. Schritt für Schritt wird geleitet und bei Eingabe eines bestimmten Inputs (Zutat) erhält man einen entsprechenden Output (Kuchen).

Wie sieht dann aber ein BNE-Kuchen in einer Filterblase aus?

Während wir nur sehen, was uns interessiert und unsere Meinung damit bestätigt wird, erfahren wir auch gleichzeitig keine Gegenmeinung und unterschiedlichen Weltanschauungen.

Wir bewegen uns in einem Tunnel unserer selbst hinein, der immer enger, immer selbstreferenzieller wird, weil keine neuen Impulse mehr hinzukommen.

Prof. Dr. Miriam Meckel, deutsche Kommunikationswissenschaftlerin, Herausgeberin der Wirtschaftswoche

 

Wenn der öffentliche Diskurs verschwindet
Eli Pariser sieht in der Verbreitung der Algorithmen und der damit einhergehenden Filterbubble ein größeres Problem: diese können die „deliberative Demokratie“ bedrohen. Jürgen Habermas prägte den Begriff der „deliberativen Demokratie“. Hier werden verschiedenen Meinungen vorgetragen und diskutiert, wodurch die bestmögliche Lösung gefunden werden soll. Die Basis dieser Diskurse sind widersprüchliche Meinungen. Die Filterblase verhindert diese Form der Demokratie.

Ob wir wirklich in Filterblasen leben?

Tatsache ist: Im Internet werden uns vorgefilterte Infos vorgesetzt. Wenn uns das nicht bewusst ist, ist es unmöglich die Blase zum Platzen zu bringen.

Es heißt, „ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“ Das stimmt.

Und genau aus diesem Grund wird „visual Monitoring“, also die Generierung von Erkenntnissen für BNE aus der Bilderkennnung durch KI, in naher Zukunft erheblich an Bedeutung gewinnen.

Denn die sozialen Medien bieten einen riesigen Pool an. Über alle Epochen der schriftlichen Kommunikation und Wissensvermittlung hat sich die Bildsprache zu einer zentralen Form der Weitergabe von Wissen etabliert.

Im Zeitalter der Digitalisierung rund um BIG DATA und SocialMedia kann auf eine riesige Ansammlung an „User-generated Content“ von überall aus zugegriffen werden.

Grundsätzlich ist erst einmal egal, wer welchen Inhalt wo publiziert. Jedes dieser Bilder spricht seine eigene Sprache, erzählt seine persönliche Geschichte – mit oder ohne textlichen Bezug.

Fundament des Visual Monitorings ist die Datenbeschaffung. Hier ist Qualität der Quantität vorzuziehen. Entscheidend ist hierbei Daten aus dem großen Meer zu fischen, die Erkenntnisse zu Themen der BNE, die genau die Fragestellungen liefern, welche es zu beantworten gilt.

Ein Praxisbeispiel – Visual Monitoring

 

In einer Fotomontage wird das Nutella Markenlogo in einem Instagram-Beitrag gezeigt. Aus Sicht des Herstellers stellt die Botschaft ein potentielles Reputations-Risiko dar. Aus Sicht des Urhebers dieser Fotomontage wird auf die Verwendung von Palm-Öl in diesem Produkt hingewiesen. Und gleichzeitig mit dem „Tierchen-Schema“ auf die Opfer. Zwar kann der Algorithmus eine potentielle Marken-Image-Gefährdung aus dem Bildkontext heraus noch nicht als solche deuten, aber aufgrund der Logo-Erkennung kann dieser Instagram-Beitrag trotz Fotomontage und fehlendem Textbezug durch das visuelle Monitoring aufgefischt und durch einen menschlichen Analysten eingeordnet werden.

 

Warum dieses Beispiel?
Das Beispiel aus dem Markenkontext zeigt im Positiven eine Chance auf.  Die Digitalisierung benötigt Anpassungen für BNE-Angebote. BNE-Akteure sollten die Chancen und Risiken der digitalen Transformation kennen, um den Weg in die Zukunft eines lebenslangen Lernens zu erkennen. Eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche Idee von BNE reicht nicht aus. Kompetenzen, Skills und Qualifikationen können nicht widerspiegeln was BNE ausmacht. Wir dürfen nicht versuchen die analogen Muster in die digitale Welt übertragen.

Trends und Perspektiven in Bezug auf BNE
Klaar Vorschläge

  • Bildungsangebote neu überdenken
    Bildungsakteure werden sich einer neuen Generation von Diensten stellen, da Informationen routinemäßiger und überall visuell erfasst werden können. Ein wichtiger erster Schritt ist es zu prüfen, inwieweit die Geräte oder das Angebot die Zielgruppe anspricht, je nachdem, was sie „sehen“.
  • Überdenken der Herangehensweise
    Überlegen Sie, welche Daten aus der Verarbeitung großer Mengen visueller Bilder extrahiert werden können und welche am sinnvollsten sind. Bereiten Sie sich auf eine Vielzahl verschiedener Ebenen der Dateneingabe vor und planen Sie, wie Sie sich am besten vorbereiten können, damit die Daten nicht zu unhandlich sind, um sie effizient nutzen zu können.
  • Überdenken des Design-Kontextes
    Da Software immer besser die Emotionen von Menschen erkennen kann, die sich mit Computersichtgerräten auskennen, müssen menschliches Verhalten und intrinsische Funktionen in Bildungsangebote integriert werden, um die Menschen umfassend zu interessieren und zu motivieren.

 

Die Zukunft wird real-digital
Der kanadische Autor David Sax beschreibt in seinem Buch „Die Rache des Analogen“, wie unbemerkt die analogen Dinge zurückkehren: Vinylschallplatten boomen, ebenso Füllfederhalter und rauhes Papier…

Nicht die Abstraktion der Daten bringt die Dinge voran, sondern die kluge Re-Kombination des Dinglichen mit dem Digitalen auch im Bezug zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung.

Menschen glauben jedem medial verbreiteten Geschwätz, wenn es nur oft genug widerholt wird. Aber auf einer solchen Grundlage kann Demokratie nicht funktionieren. Heidegger übersetzte das altgriechische Wort „Doxa“ mit „Gerede“. Ich rede von einer Blahbla-Gesellschaft, in der der Dumme vor Selbstbewusstsein strotzt und der Intellektuelle sich zurückzieht.

Anders Indset
Autor, Keynote-Speaker, Investor, Gastlektor an international führenden Business Schools

Computer werden das niemals haben, es sei denn, sie wären keine Computer mehr.

Im Rahmen der BNE-Tour 2018 fand am 20.11.2018 in der Volkshochschule Bonn, im Haus der Bildung der Workshop „Transformation. Digitalisierung. BNE. Herausforderungen, Leitlinien und Anwendungsfelder“ statt. Veranstalter: Fachforum Non-formales und informelles Lernen/ Jugend, Partnernetzwerk Medien des Weltaktionsprogramms BNE, KMGNE – Kolleg für Management und Gestaltung Nachhaltiger Entwicklung gGmbH, Wissenschaftsladen Bonn e.V.

 

Das gesamte Programm

 

Nachtrag

Vor wenigen Tagen schlug eine Arbeitsgruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Entwurf für ein „Modulares Interaktives Lebensbegleitendes Lernen für Alle“ (MILLA) vor. Damit solle E-Learning an Attraktivität gewinnen. Wird damit die Relevanz von BNE gestärkt? Ein an kybernetische Steuerungsmodelle angelehntes System soll „Kompetenzpunkte“ an Bildungsanbieter vergeben. Eine Art „Skilltainment“, das penetrant angelehnt an die von Streamingdiensten bekannten Nutzungsgewohnheiten ist. Alle drei Plattformen von denen gerade die Rede ist, ob Schulcloud, die nationale Plattform für digitale Hochschulreife oder der Entwurf „Modulares Interaktives Lebensbegleitendes Lernen für Alle“ (MILLA) forcieren, dass Menschen in einem für sich geschlossenen virtuellen Raum positioniert werden. Ein klarer Widerspruch zur ursprünglich geplanten digitalen Gesellschaft. Schon der Medienphilosoph Vilém Flusser sah die zukünftige Informationsgesellschaft als eine Infrastruktur, die Ihre Basis in der vernetzten Kommunikation sieht.


Diese Kurzfassung des Forecasts möchte Sie zu einem Dialog zum Thema einladen.

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