1. Zwei Beobachtungen vorweg
1.1.
Visuelle Narrative für die Bildung nachhaltiger Entwicklung ergänzen Erzähllinien für BNE durch die ausgeprägte Möglichkeit, Geschichten visualisieren zu können, die noch nicht existieren. Der Begriff der „Transformation“ prägt damit die Vorstellung, diese Nachhaltigkeits-Erzählungen auch zu kommunizieren und so darzustellen, dass ihre Realisation von anderen Menschen als wünschenswert angesehen wird. Für die visuellen Narrativen gibt es keine anerkannte Definition. Das Wirkungspotenzial ist frei interpretierbar.
1.2.
Die Digitalisierung führt in schnellen Schritten zu einer stark veränderten Mediennutzung und erweitert unsere Kommunikationsmöglichkeiten. Die Auswirkungen der Veränderungen auf die Nachhaltigkeit wirken jedoch häufig demotivierend und aus der Sicht des Individuums lähmend, da nahezu aussichtslos. Visuelle Narrative haben die Intention diese Paralyse zu beenden. Sowohl die analogen als auch die digitalen Kommunikationskanäle benötigen eine alternative, globale und kulturelle Vision. Das Bestreben nach Transformationsprozessen durch analoge und digitale Kommunikationskanäle für eine Bildung für nachhaltige Entwicklung setzt eine Neujustierung informeller Bildung innerhalb des Bildungssystems voraus.
2. Problematik und Herangehensweise
Visuelle Narrative befassen sich mit dem Erzählen, Inszenieren und Vermitteln in analogen und digitalen Kommunikationskanälen. Was aber sind die visuellen Narrative von Nachhaltigkeit bzw. wie tragen Sie zu einer Bildung nachhaltiger Entwicklung bei? Sind es Symbole, Urzeichen, Infografiken? Für meinen Analyseteil innerhalb unserer Studie ist mir nicht wichtig, was z. B. eine Infografik inhaltlich aussagt. Das Wirkungspotenzial ist entscheidend.
Die visuellen Narrative sind sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der öffentlichen Reflexion relevant. Der Blick in die Vergangenheit dominiert. Diese Art der Wahrnehmung einer Nachhaltigkeitserzählung ist nicht mein Thema. Mich interessieren gegenwärtige visuelle Narrative. Ich versuche einen Umriss der visuellen Narrative in BNE zu skizzieren.
Unter dem Stichwort „Transmediales Storytelling“ werden die Geschichten in analogen und digitalen Kommunikationskanäle neue Formen annehmen. Die visuellen Narrative werden als identitätsbildendes Element konstant immer wieder auftauchen.
Hilfestellung bei der Fokussierung ist das SDG-Ziel 6 aus dem Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG´s) der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Diese 17 Ziele sind grundsätzlich nicht teilbar. Die fünf Kernbotschaften – Mensch, Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft – leiten diese SDGs (Sustainable Development Goals).
Mein Analyseumriss der visuellen Narrativen bezieht sich auf das Ziel 6: Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle zu gewährleisten.
Eine Geschichte von Bildern in Bildern
Was ist Wasser?
Quid bibis, unda aut aqua – Was trinkst Du, Welle oder Wasser?
Eigentlich hat sich die Menschheit schon immer auch mit dem Medium „Wasser“ narrativ auseinandergesetzt. Jedoch erfährt dieses Thema im Gegensatz zu „Luft“ keine Vertiefung dahingehend, bewusst eingesetzt zu werden. Erst durch die zunehmende Kommerzialisierung der Wasserversorgung durch Tendenzen der Privatisierung erhielt die Wasserthematik wieder mehr Bedeutung. Ebenso der „Jahrhundertsommer 2018“, der die lebenswichtige Materie Wasser nicht mehr als selbstverständlich darstellt.
Fakten
Recht auf sauberes Wasser: Der Zugang zu sauberem Wasser ist ein Menschenrecht.
2010 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen mit der Resolution 64/292 das Recht auf Wasser als Menschenrecht anerkannt. Die Resolution ist mit 122 Mitgliederstimmen angenommen worden. 41 Staaten haben sich ihrer Stimme enthalten.
Die Ablehnung ist damit begründet worden, dass ein „internationales Recht auf Wasser“ nicht existiert und darüber hinaus die Resolution zu schwammig und ungenau ist. Ebenso wurden ökonomische Gründe für die Ablehnung aufgeführt, da viele Länder nicht die finanziellen Mittel haben, um das Ziel der Resolution — die Verbesserung der Wasserversorgung — umzusetzen.
Demgegenüber leiten die Befürworter das Menschenrecht auf Wasser von Artikel 11, Abs.1 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ab. Zum angemessenen Lebensstandard zählt das Recht auf sanitäre Einrichtungen und sauberes Wasser.
Um dieses Menschenrecht allen Menschen zugänglich zu machen, bedarf es nicht nur finanzieller Mittel, sondern auch technischen Wissens und der gegenseitigen Zusammenarbeit aller Staaten. Das Menschenrecht auf Wasser wird dann verletzt, wenn zur Gewährleistung einer Grundversorgung mit Wasser die vorhandenen Ressourcen nicht genutzt werden und die Unterstützung von außen verboten wird.
263 Millionen Menschen haben nur einen eingeschränkten Zugang zu Wasser. Sie brauchen mehr als 30 Minuten, um sich sauberes Trinkwasser zu beschaffen. Die Hauptlast der Wasserbeschaffung tragen Frauen und Mädchen. Weltweit entfallen fast 70 Prozent der Wasserentnahme auf die Landwirtschaft, in einigen Entwicklungsländern sogar 95 Prozent.
Steigender weltweiter Wasserverbrauch
Der Wasserverbrauch nimmt stetig zu. Im letzten Jahrhundert stieg er fast doppelt so schnell zu wie die Weltbevölkerung. Der Zugang zu sauberem Wasser ist ein grundlegendes Recht eines jeden Menschen und Voraussetzung für jede Form nachhaltiger Entwicklung. Doch die Wasserknappheit droht sich weiter zu verschärfen und künftig noch mehr Menschen zu treffen, insbesondere in Regionen, in denen das Wasser schon heute knapp ist. Dies wird durch den globalen Klimawandel weiter verstärkt.
Prognosen sagen einen weiteren drastischen Anstieg des Wasserverbrauchs bis zum Jahr 2050 voraus, insbesondere dort, wo das Bevölkerungswachstum ungebrochen anhält.
Die nachfolgenden fünf aktuellen Erzähllinien habe ich aus einer Vielzahl von deutschsprachigen und internationalen Beispielen ausgewählt, da sich trotz der willkürlichen Auswahl eine Art Ordnung zeigt. Meine Analyse gilt der Veranschaulichung von fünf verschiedenen Bereichen: der Kommunikation der Bundesregierung, einer NGO, eines Umweltverbands und eines städtischen Unternehmens. Mit dem Fokus der visuellen BNE-Narrativen in analogen und digitalen Kommunikationskanälen ist ein visueller Kommunikationsstil und kein global existentes Zeichen beschrieben. Die Kriterien der visuellen Narrative lassen eine gewisse standardisierte Darstellung erkennen. Folgende übergeordneten Fragestellungen beeinflussten die Endauswahl:
Wasser ist Leben
Wie, wo und warum werden Bilder eingesetzt?
Wer sind die Urheber? Und mit welchem Interesse, in welchem Kontext werden sie produziert? Was tun wir mit Bildern, was tun sie mit uns?
2. Die fünf Erzähllinien
Die Glorreichen 17 – Informationskampagne der Bundesregierung
Abb. 1
https://www.dieglorreichen17.de/index.html#ziel-6
aufgerufen am 19.12.2018
Kurzbeschreibung
Die Glorreichen 17 – Ziele nachhaltiger Entwicklung
Mit 17 Comic-Figuren will die Bundesregierung Neugier auf die 17 weltweiten Nachhaltigkeitsziele wecken und zum Mitmachen anregen. Die Informationskampagne startete am 3. Dezember 2018. Zielgruppe sind junge Menschen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren.
Ziel 6: Sauberes Wasser und sanitäre Versorgung sicherstellen
Auftraggeber/Agentur
Die Bundesregierung / Die goldenen Hirschen
Werkzeug
Comic-Figuren
„The quality of being ‘educational’ can be found to some degree in any comic book” (Rifas 2005: 127) Die Comicfigur wird zum Protagonisten des jeweiligen SDG-Ziels. Als Archetyp des Informanten will die Figur die Aufmerksamkeit der Generation Y wecken. Letztendlich entwickelt sich das Genre der Comic-Figuren durch die Konzeptideen der Gestalter.
Kommunikationsform
Webseite / Informationskampagne, die 2019 ausgebaut wird
Link
https://www.dieglorreichen17.de/index.html#ziel-6
Erzähllinie
Geschichte
Die Kampagne richtet sich insbesondere an die Generation Y. Umfragen zeigen, dass in dieser Altersgruppe das Wissen um die Nachhaltigkeitsziele besonders wenig ausgeprägt ist. Das Bundespresseamt plant, die Kampagne im kommenden Jahr auszudehnen, um langfristig über die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu informieren. Dafür haben sich auch die internationalen Experten in ihrem Peer Review 2018 zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ausgesprochen, der der Bundeskanzlerin im Sommer 2018 übergeben wurde.
Erzählung
Mit dem Kampagnentitel spielen „die Glorreichen 17“ auf die US-amerikanische Westernserie „die Glorreichen Sieben“ an. Hier schließen sich sieben Männer zusammen, um ein Dorf zu beschützen.
Kleine bunte Männchen im Comic-Stil ergänzen die bisherigen Icons der SDG´s und nehmen „Blick-Kontakt auf“ bzw. wollen auf der Webseite „wortwörtlich“ den Dialog aufnehmen.
Meta-Erzählung
„Die Glorreichen 17“ informieren auch darüber, wie sich die Bundesregierung für eine nachhaltige Entwicklung engagiert. Die Agenda 2030 und die 17 Ziele nehmen jedoch nicht nur die Politik in Verantwortung.
Den Wandel hin zu einem nachhaltigen Leben können wir nur gemeinsam schaffen.
Narrativ
Ohne das Eintreten von Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und damit jedes einzelnen Menschen werden die Ziele nicht zu erreichen sein.
Identifikation: Die Glorreichen 17 sollen neugierig machen und zum Mitmachen anregen. Die Informationskampagne wird weiter ausgebaut.
Kommentar
Durch die Comic-Figuren werden die SDG-Ziele personalisiert. Eine identitätsstiftende Gemeinsamkeit wird aufgebaut. Die Glorreichen 17 haben 17 Hauptakteure, mit denen sich die Zielgruppe schnell identifizieren kann.
Kommunikation (Kanäle, Maßnahmen, Zielgruppen)
Die Kommunikationskanäle der Informationskampagne sollen weiter ausgebaut werden.
Virtuelles Wasser
Abb. 1 bis 15
http://www.suwadesign.de/virtuelles_Wasser.html
aufgerufen am 30.11.2018
Kurzbeschreibung
Virtuelles Wasser
Bei der Lebensmittelproduktion werden sehr große Wassermengen verbraucht – in Deutschland und auf der ganzen Welt. Der Import von Produkten, die mit hohem Wassereinsatz hergestellt werden, wächst in Deutschland rapide. Diese Produkte werden in Ländern produziert, die über viel weniger Wasser verfügen als Deutschland. Dadurch wird gewissermaßen Wasser importiert. Um den enormen Wasserverbrauch in der Produktion zu zeigen, wurde der Begriff des „virtuellen Wassers“ eingeführt. Das ist die Wassermenge, die nach einer umfassenden Analyse einem Produkt bei der Herstellung zugeordnet werden kann.
Auftraggeber/Agentur
BUND / suwadesign
Werkzeug
Infografiken Grundelement (Hintergrund aquarelliert)
1. Illustrierende Grafiken mit einfachen Bildern. Sie illustrieren schlicht und schnell Daten, absolute Zahlen.
2. Schnelle Wiedererkennbarkeit durch Grundform des Hauptthemas in konturierter Form
(Hemd, Tasse etc.), die miteinander in Beziehung
stehen. Unterschiedliche Größen und Farben symbolisieren
und ordnen Werte und machen sie miteinander vergleichbar.
3. Zeitlinien ordnen Daten und Fakten zeitlich ein und visualisieren Ereignisse auf einem Zeitstrahl.
4. Ranglisten, Rankings zählen Daten nach Wertigkeit auf.
Die Rangfolge arbeitet dabei mit unserer Lesegewohnheit.
5. Karten verorten Daten räumlich und helfen dem Leser so
dabei, sich zu orientieren. Die Grafiken nutzen reale (Länderumrisse, Weltkarten) aber auch fiktive Karten.
Kommunikationsform
Webseite Virtuelles Wasser / Ausstellung „Durstige Güter“ / Arbeitsmaterialien für den Unterricht
Link
http://www.virtuelles-wasser.de
Erzähllinie
Geschichte
Die Aufklärungskampagne richtet sich an alle Konsumenten. Es wird gezeigt, welche Artikel wie viel virtuelles Wasser enthalten. Ein Einkaufsratgeber verdeutlicht, an welchen Stellen man sinnvoll sparen kann.
Erzählung
Infografiken bieten Orientierung und vereinfachen komplexe Inhalte.
Meta-Erzählung
Zeigt in Zahlen und Maßstäben auf, wieviel Wasser unsere „durstigen Güter“ verbrauchen
Wo kann man besonders viel sparen?
Narrativ
Durch die Wahl unserer Konsumgewohnheiten können wir den Wassereinsatz reduzieren.
Wer sich z. B. bewusst ist, wieviel kostbares Wasser ein neues T-Shirt oder eine Tasse Kaffee verschlingen, kann entscheiden, ob er verzichten möchte. Wasser und Umweltsünden lassen sich so vermeiden. Werde aktiv – durch Information und Fakten.
Kommentar
Infotainment in reduzierter Form zeichnet diese Aufklärungskampagne aus. Sie nutzt sowohl analoge und digitale Kommunikationskanäle. Begleitende Arbeitsmaterialien für den Unterricht setzen das Projekt „virtuelles Wasser“ und die begleitende Ausstellung „Durstige Güter“ in den Bildungskontext.
Kommunikation (Kanäle, Maßnahmen, Zielgruppen)
Alles im Fluss – Infobroschüre
Abb. 1 bis 5
aufgerufen am 20.11.2018
Kurzbeschreibung
Alles im Fluss? BUND
Wasser ist die Quelle allen Lebens. Doch sind die Gewässer in Deutschland wirklich eine Quelle des Lebens? Mit dieser Infobroschüre (Print und online als PDF) informiert der BUND über die Qualität der deutschen Gewässer, die beängstigend ist. 92 Prozent der deutschen Seen und Flüsse sind in einem sehr besorgendem Zustand. Die Verschmutzungen sind weniger offensichtlich als noch vor 40 Jahren, als Schaumberge und tote Fische im Rhein, Weser und Co. ein sichtbares Zeichen für kranke Gewässer waren. Heute belasten unsichtbare Stoffe die Wasserqualität: zu viele Nährstoffe, Hormone, Nitrate und Pestizide aus der Agrarindustrie, aber auch Schadstoffe aus der Industrie sowie Mikroplastik aus Produkten unseres täglichen Lebens.
Auftraggeber/Agentur
BUND / Natur und Umwelt GmbH
Werkzeug
Klassischer Fotojournalismus und Infografiken
Kommunikationsform
Infobroschüre
Link
https://www.bund.net/service/publikationen/detail/publication/alles-im-fluss/
Erzähllinie
Geschichte
Seit Jahrmillionen bieten Fließgewässer einen einzigartigen Lebensraum für eine Vielfalt von Tieren und Pflanzen. UnsMenschen dienen sie zudem als überlebenswichtige Quellen für Trinkwasser und die Lebensmittelproduktion, aber auch als faszinierende Ausflugsziele und Erholungsparadiese, die Ruhe und Entspannung bieten. Doch Schifffahrt und Einträge aus der Landwirtschaft und Industrie bedrohen unsere Flussökosysteme.
Erzählung
Jetzt Wasser retten – was sie tun können
BUND-Forderungen an die Politik
Meta-Erzählung
Was einmal ins Wasser gelangt, ist nur schwer wieder herauszuholen.
Gewässer vor Ort schützen mit dem BUND gemeinsam
Narrativ
Die Erde braucht Freundinnen und Freunde
Es ist Zeit zu handeln!
Kommentar
In dieser Publikation steht die Wissensvermittlung im Vordergrund. Gleichzeitig wird aber auch die Aktivität des BUND unter dem Titel „Alles im Fluss“ dargestellt. Ein klassisches Medium der Öffentlichkeitsarbeit, die visuellen Narrative sind so aufgebaut, dass die Broschüre in erster Linie einem Dokumentationsanspruch gerecht wird. Mit den BUND-Forderungen an die Politik wird gleichzeitig bzw. abschließend um neue Mitglieder geworben.
Kommunikation (Kanäle, Maßnahmen, Zielgruppen)
Die Pillenpiratin – Informationskampagne
Abb. 1
https://www.hamburgwasser.de/privatkunden/themen/klar-zum-aendern/
aufgerufen am 06.12.2018
Kurzbeschreibung
Kooperations-Kampagne „Medikamente richtig entsorgen“
Auftraggeber/Agentur
Hamburg Wasser, Behörde für Umwelt und Energie /
Rump Dialog / Design
Werkzeug
Die Comic-Figur lässt durch einfache und spielerische Form komplexe Inhalte leicht verständlich wiedergeben. Die Heldin im „Retrostil“ startet die Geschichte mit einem Konflikt – Arzneien gehören nicht in die Toilette.
Kommunikationsform
Webseite / Informationskampagne, Flyer, Mitmachaktion
Link
https://www.hamburgwasser.de/privatkunden/themen/klar-zum-aendern/
Erzähllinie
Geschichte
Viele Hamburger sind unsicher, wie sie ihre abgelaufenen Medikamente richtig entsorgen. Das hat eine gemeinsame Studie von HAMBURG WASSER und der Behörde für Umwelt und Energie ergeben. Bei einer Umfrage gab jeder vierte Befragte an, Medikamente zumindest ab und an in die Toilette zu werfen oder in den Abfluss zu kippen – und zwar vom Vitaminzusatz über das Schmerzmittel bis zum Krebsmedikament. Gleichzeitig zeigt die Mehrheit der Befragten ein hohes Umweltbewusstsein: Medikamente werden zusammen mit Chemikalien und Lack- oder Farbresten als große Gefahr für die Gewässer eingeordnet. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer wünscht sich mehr Informationen, wie Medikamente umweltgerecht entsorgt werden.
Erzählung
Die Comicfigur „die Pillenpiratin“ ist die Hauptfigur der Kampagne. Hamburg Wasser hat ein sehr konservatives Image und wird mit Attributen wie zuverlässig, beständig, planvoll und sicher in Verbindung gebracht. Im Gegensatz zu diesem Image steht das des Comics. Als Kinderillustration deklariert, zeigt die Darstellung der Pillenpiratin die unreale maritimen Welt in einer anderen, gezeichneten Form und spitzt das Thema damit zu.
Meta-Erzählung
Jede Verbraucherin und jeder Verbraucher tragen Verantwortung beim täglichen Einkauf und beim Entsorgen von Plastikprodukten und Medikamentenresten. Beim Einkauf können die Verbraucher Druck auf die Landwirtschaft und Industrie ausüben, wie es beispielsweise im Falle der Zahnpasta-Hersteller zum Erfolg führte dadurch, dass diese seit einiger Zeit weitgehend auf Plastikpartikel in ihren Produkten verzichten.
Plastikmüll, dazu gehören auch Hygieneartikel, und Medikamentenreste sollten niemals in der Toilette entsorgt werden.
Der Hamburger Bürger verunreinigt seine eigenen Wasserressourcen. Dabei wäre eine Verhaltensänderung sehr einfach. Darüber zu informieren, was zu tun ist, ist die Intention der Aufklärungskampagne.
Narrativ
Hamburg Wasser fordert ein gesellschaftliches Umdenken beim Kampf gegen Spurenstoffe. Wasserwerke und Kläranlagen können nicht die Verantwortung für gesellschaftliche und wirtschaftliche Fehler übernehmen. Strengere Gesetze zum Schutz des Wassers wären eine Hilfe. Hamburg Wasser fordert deshalb auch strengere Regeln für den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln und Fördermittel für die Erforschung biologisch abbaubarer Arzneimittel. Ein Verbot von Stoffen, die nicht biologisch abbaubar sind, wäre ein wichtiger Schritt. So können z. B. Mikroplastikpartikel, die in Kosmetikprodukten als Füll- oder Schleifmittel dienen, nicht vollständig von Kläranlagen zurückgehalten werden und gelangen über Kläranlagenabläufe in die Gewässer.
‚Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten’
Die Agenda2030 und die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie fördern Maßnahmen, die HAMBURG WASSER erbringt.
Kommentar
Hamburg Wasser sie das Thema Wasser als Daseinsvorsorge.
Kommunikation (Kanäle, Maßnahmen, Zielgruppen)
Greenpeace Gewässer-Check „Wir testen euer Wasser!“
Abb. 1 und 2
https://www.greenpeace.de/node/20059
aufgerufen am 06.09.2018
Kurzbeschreibung
Greenpeace Gewässer-Check „Wir testen euer Wasser!“
Wir
wollen, dass ihr
wisst, in welchem Zustand das Wasser in unserer Umgebung ist!
Auf einer Tour durch 22 Städte in Deutschland misst Greenpeace Seen, Bäche, Flüsse und private Brunnen auf Rückstände aus der Massentierhaltung.
Auftraggeber/Agentur
Greenpeace
Werkzeug
Mit Fotos, die Wirklichkeit abbilden, direkter auffordernder Blickkontakt.
Kommunikationsform
Mitmachaktion, Webseite und soziale Medien
Link
https://www.greenpeace.de/node/20045
Erzähllinie
Geschichte
Der klassische Archetyp des „kritischen Revoluzzers“ fordert auf: „Bring eine Wasserprobe aus dem Fluss oder See in deiner Umgebung mit. Es kann auch aus einem Bach oder Kanal sein oder aus dem Brunnen in deinem Garten.
Wichtig ist nur, dass es kein Leitungswasser ist, denn dort werden die Werte kontrolliert und das Wasser ggf. aufbereitet. Mit einem Photometer wird der Nitrat- und Phosphatgehalt in der Wasserprobe ermitteln. Dann werden wir sehen, wie es um unser Wasser bestellt ist!
Wie kommt das Nitrat ins Wasser? Der Überschuss an Gülle und Mist aus der Massentierhaltung sorgt dafür, dass unser Wasser durch Überdüngung massiv verschmutzt wird. Von den Äckern gelangt das Nitrat in die Flüsse und Seen und sickert dann ins Grundwasser.
Erzählung
Bereits ein Drittel des Grundwassers in Deutschland weist viel zu hohe Nitratwerte auf. Die Reinhaltung des Wassers wird mit steigendem Nitratwert immer aufwendiger und damit auch teurer.
Wir sind sehr gespannt, welche Werte wir für das Wasser in deiner Stadt finden werden!“
#Überdüngung #Nitrat #Wasserschützen
Wir testen euer Wasser!
Meta-Erzählung
Durch unseren großen Fleischkonsum wird die Wasserqualität sehr viel schlechter!
Durch eigenverantwortliches Handeln kann der Mensch aktiv zur positiven Veränderung beitragen.
Narrativ
Wie steht es um unsere Gewässerqualität? Ein nicht sichtbares Problem wird öffentlich.
Wie bisher geht es nicht weiter.
Ein Wandel ist durch eine Verhaltensänderung jeden Einzelnen möglich.
Kommentar
Die Aufklärungskampagne stellt das bisherige Konsumverhalten in Frage. Denn die Auswirkungen der Massentierhaltung und Gülleschwemme ist letztendlich durch die Nachfrage des Konsumenten entstanden. Der Wasser-Check ist damit als ein kritisches Hinterfragen zu eigenverantwortlichem Verhalten zu werten.
Kommunikation (Kanäle, Maßnahmen, Zielgruppen)
4. Fazit und Empfehlung
Die Erzähllinien wurden fünf Bildungspartnern unter Berücksichtigung folgenden Kriterien gezeigt:
01 – Erster Eindruck
02 – Akzeptanz
03 – Kongruenz
04 – Klarheit
05 – Glaubwürdigkeit
06 – Geschichte
07 – Bildsprache
08 – Wahrnehmung
09 – Identifikation
05 – Glaubwürdigkeit
06 – Geschichte
07 – Bildsprache
08 – Wahrnehmung
09 – Identifikation
Mein Interesse in den Gesprächen konzentrierte sich hier mehr auf die visuellen Narrativen innerhalb der Kommunikation (Kanäle, Maßnahmen, Zielgruppen). Die Struktur, die ich mir durch die Kriterien erwünscht hatte, wurde in den Gesprächen sprunghaft verlassen. Meine Interviewpartner nutzen in unseren ca. einstündigen Interviews unbewusst die Methode der „Springboard Stories“, die zur Unterstützung von Transformationsprozessen dient. Die Idee zur Arbeit mit „Springboard Stories“ wurde von Steve Denning im Rahmen der Einführung des Wissensmanagement bei der Weltbank entwickelt.
Die drei Schlüsselelemente äußerten sich so:
1. Alle Bildungspartner entwickelten schnell eine neue Idee in Verbindung zu den Inhalten bzw. dem Protagonisten. Fehlte der Protagonist in der Erzähllinie, nahmen sie schnell diese Rolle ein.
2. Die Gesprächspartner konnten sich schnell in die Inhalte einfühlen und stellten einen Bezug her. Dieser fand meist durch einen überraschenden Perspektivwechsel statt. Was wäre, wenn es z. B. auch in Hamburg zur Wasserknappheit käme?
3. Die Relevanz des SDG 6 auf die örtlichen Begebenheiten zu beziehen war in erster Linie fremd, obwohl die fünf vorgestellten Erzähllinien in Ansätzen bekannt waren und zum Teil einen Ortsbezug hatten.
Das Happy End nehme ich einmal mit diesem Satz vorweg:
Wasser wird zum Menschenrecht (in Hamburg).
Durch die kurze Vorstellung der fünf Erzähllinien wurde erreicht, dass diese exemplarischen Narrative im Focus auf das SDG 6 eine eigene Erzählung entwickelt. Das Gehörte wurde auf die eigene Situation, die eigene Umgebung übertragen und somit ein gemeinsames identitätsbildendes Narrativ geschaffen. kreiert. Die Gesprächspartner entwickelten Ansätze einer neuen Geschichte, zu der sie eine Verbindung hatten. So entstand eine simultane Geschichte. Die Energie lag somit nicht auf den vorgestellten Erzähllinien, sondern auf der Reaktion und visuellen Kreativität. Somit wird die Methodik der „Springboard Stories“ Mittel zum Zweck. Ziel ist es gewesen, durch die vorgestellten Erzähllinien und die Fokussierung nicht auf die vorgestellten visuellen Narrative zuzusteuern, sondern eigene Geschichten zu entwickeln. Die „Springboard Stories“ sind dabei als Katalysatoren des Transformationsprozesses zu sehen.
Didaktisch gesehen gibt es kein visuelles Narrativ für BNE. Erzähllinien, die das Suchen nach Problemlösungen, das Festlegen einer Dramaturgie, eigene Kreationen oder Wertediskussionen herausfordern, sollten am Anfang der Transformation stehen. In Hinsicht eines visuellen Narrativs für eine Bildung für nachhaltige Entwicklung ist die Aussage „The Medium is the message“ nicht zielführend.
Durch Themenschwerpunkte (oder auch zum „Content erkoren“) ist schon zu Beginn eines Prozesses erkennbar, warum eine intensive Auseinandersetzung notwendig ist, um ein visuelles Narrativ zu entwickeln. Gute Geschichten sind viral und diese Kraft wird heute durch immer neue mediale Möglichkeiten kreativ befeuert.
BNE setzt eine starke Vernetzung voraus. So sind visuelle Narrative als eigenständige, schnell einprägsame Sprache zu verstehen. Diese visuelle Bildsprache vereinfacht einen Dialog, da alle Bereiche einer Gesellschaft für die notwendige Transformation interagieren werden. Voraussetzung für eine wirkungsvolle informelle BNE ist eine Kooperation mit der formalen Bildung, Wirtschaft, Gesundheitswesen, Politik und Kultur. Visuelle Narrative werden zu Transformationsprozessen: über die Welt, über mich, über mein Verhältnis zur Welt – und damit zur Voraussetzung.
Andere Deutungen sind möglich und erwünscht.
Kontakt
Susanne Klaar
Dipl.-Designerin (FH)
Bildungspartnerin für Nachhaltigkeit
Zertifiziert durch die Freie und Hansestadt Hamburg
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